Rezension zum Film Voyagers (2021) von Neil Burger Oberflächlich betrachtet ist Voyagers die Geschichte eines Generationenraumschiffs, das zu einem anderen Sonnensystem aufbricht. Als Hauptgrund der Reise dient die fortschreitende Umweltzerstörung der Erde. In Verbindung mit der Vorstellung, dass nur ein neuer Planet geeignet ist, den Fortbestand der Menschheit zu sichern. An dieser Stelle darf man auf die Idee kommen, dass Umweltschutz gleichzeitig auch Menschheitsschutz darstellt. Etwas tiefgreifender betrachtet ist das eigentliche Thema des Films jedoch nicht die Reise zu einem anderen Sonnensystem, sondern die Konfliktgestaltung zweier konkurrierender sozialer Auffassungen, bzw. das von Trieben dominierte Verhalten in Extremsituationen. Wobei emotional aggressiv motiviertes Denken und Verhalten auch das ist, das extremistischer ist und in weit größerem Umfang populistische Beeinflussungsmethoden verwendet. So gesehen ist Voyagers als psychosozialer Film zu verstehen. Insbesondere da psychoaktive Drogen zum Einsatz kommen, die Emotionen, und damit auch triebhafte Bedürfnisse, auf praktisch Null reduzieren. Und das, ohne dass die jugendliche Besatzung überhaupt weiß, dass derartige Drogen Bestandteil des täglichen Frühstücks sind. Als dies schließlich doch erkannt wird, entsteht eine Form von emotionaler Ablehnung, die es, aufgrund der Drogen, eigentlich gar nicht geben dürfte. Schließlich wird die weitere Einnahme der Droge abgelehnt, was zum Erleben von Emotionen und eben auch triebhaften Bedürfnissen, wie sexuelle Begierde, führt. Letztere ist es auch, die dafür sorgt, dass sich Konkurrenzdenken, Besitzdenken, Führungsanspruch und Aggressionen, bis hin zur Gewaltbereitschaft mit Tötungsabsicht, entwickeln. Anders ausgedrückt, die Menschen werden wieder menschlich. Was dann auch gleich für eine Anfälligkeit für Phobien sorgt. Letztlich entwickeln sich zwei konkurrierende Lager, wobei eine diktatorisch geprägt ist und die andere eher sozial idealistisch. Und, vielleicht in Anlehnung an das Umweltdenken, das die Natur der Erde in Bedrängnis bringt, reduziert sich auch hier das Fürsorgedenken, für die absolut überlebenswichtige Technik des Raumschiffs, auf ein Minimum. Bei der Frage, ob das realistisch ist, darf man einen Blick auf die Südseeinseln werfen, wo Menschen in eng begrenzten Lebensräumen (Inseln) durchaus gelernt haben, nicht nur ihren Lebensraum naturgerecht zu pflegen, sondern auch eine sozialgerechte Gesellschaft zu etablieren. Absolut fragwürdig sind die ethischen Aspekte, die dem Konzept zugrunde liegen. Ist es tatsächlich vorstellbar, dass Kinder zweckgebunden „produziert“ werden, um, ohne jede Chance auf eine eigene Willensbildung, auf eine interstellare Reise geschickt zu werden? Was zwangsläufig mit einer lebenslangen Kasernierung verbunden ist? Denn aufgrund der doch eher begrenzten Größe des Raumschiffs und eines offensichtlich fehlenden Arboretums ist der Vergleich mit einem Gefängnis durchaus erlaubt. Und nicht zu vergessen, die Verabreichung psychoaktiver Drogen, was einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellt. Etwas, das übrigens auch die Menschenrechts-Charta der UN angreift. Verwunderlich ist, dass es zwar geeignete Triebwerkstechnologie gibt, aber keinen Bordcomputer, der fähig ist, Unfälle bzw. absichtliche Fehlsteuerungen zu verhindern. Hier darf man, wie bei so manchem Film/Roman, annehmen, dass Dinge, die einer Actionszene oder Dramaturgie im Weg stehen, eher unwillkommen sind. Das mit dem Bordcomputer gilt übrigens auch für Filme wie Passengers oder Interstellar. Was das Ziel der Reise betrifft, darf man sich fragen, ob ein Planet, bei dem ein Jahr ganze 5 Tage dauert und dessen eine Hälfte rund um die Uhr hell und heiß ist, während die andere Hälfte dunkel und kalt bleibt, wirklich eine adäquate Alternative zu einer treibhausgasgeschädigten Erde sein soll. Es ist vielleicht nicht so atemberaubend sensationell, wie die Vorstellung der Besiedelung extrasolarer Welten, aber realistisch betrachtet, ist es einfacher und weitaus vorteilhafter, dafür zu kämpfen, dass die Erde das Paradies bleibt, das sie in Wahrheit ist.
Rezension zum Film Old (2021, Shyamalan) Diese Rezension bezieht sich auf den Trailer und damit nur auf die dort erkennbaren logischen Aspekte der Geschichte. So wie im Trailer dargestellt, unterliegen Menschen einer temporalen Anomalie, bei der eine Stunde dem Zeitraum von einem Jahr entspricht. Entsprechend schnell altern die Menschen, was besonders bei Kindern deutlich wird, sowie bei einer Schwangerschaft. Dabei werden zwei grundlegende Aspekte leider außer acht gelassen. Erstens: Wachstum benötigt Energie (Nahrung). Was bedeutet, dass innerhalb besagter Stunde die Nahrungsmenge eines ganzen Jahres aufgenommen/verzehrt werden müsste, um das gezeigte Wachstum zu ermöglichen. Zweitens: Bei einem durch beschleunigten Zeitablauf beschleunigtem Wachstum müsste auch die Gehirnaktivität beschleunigt sein. Gedanken und Sprechtempo müssten also extrem beschleunigt sein. Drittens: Wie, bitte, macht man eine Zeitbeschleunigung? Gravitation, ebenso wie Beschleunigung, verursacht einen Zeitdilatationseffekt, also eine Verlangsamung der “Zeit“. Für eine Beschleunigung der Zeit müsste demzufolge Antigravitation eingesetzt werden, bzw. die relative Geschwindigkeit, bezogen auf das Universum, auf Null gebracht werden. Ersteres hätte physische Auswirkungen, man würde von der Erde wegfallen, und Letzteres hätte kaum Auswirkungen, weil die relative Geschwindigkeit der Erde keine relevante Größe ist. Wesentlich plausibler sieht die Sache aus, wenn man die Zeit nicht anrührt und stattdessen beschleunigte Zellaktivitäten ins Spiel bringt. Und das ist etwas, was es tatsächlich gibt und als eine genetische Erkrankung (Progerie) bekannt ist. Und in dem Fall würden keine der oben erwähnten Probleme einer Temporalbeschleunigung auftreten. Der Film wäre damit aus physikalischer und medizinischer Sicht, mal abgesehen von dem Nahrungsaufnahmeproblem, einigermaßen plausibel. Was Zeit betrifft, in meinem Buch Interstellare Reisen habe ich einige Fragen und Vorstellungen platziert, was das Verständnis von Zeit betrifft. Und wenn die auch nur ansatzweise richtig sind, dann ist meine Meinung, dass Zeitreisegeschichten ins Genre Fantasie gehören, ziemlich richtig.
Rezension zu The Expanse Wie erwähnt, liegt der Schwerpunkt meiner Rezensionen auf Logik und Plausibilität. Und was das betrifft, fehlt mir bei Expanse die Cybertechnik. Speziell KI‘s in stationärer (Bordcomputer) als auch mobiler (Androiden) Form kommen mir bei Expanse deutlich zu kurz. Besonders weil ich sicher bin, dass es in 200 Jahren Androiden geben wird, die man von Menschen kaum noch unterscheiden kann (siehe David aus Prometheus). Zweiter Knackpunkt sind die Gürtler (Belter), die allzu oft, wie eine von Wildwest, oder südamerikanischen Guerillas, inspirierte Gang erscheinen. Wenn es möglich wäre, würde ich darauf wetten, dass Menschen, die dauerhaft auf Monden und Asteroiden leben, eine wesentlich höhere Affinität zu Technik und technikorientierter Kleidung haben, als Terraner oder Marsianer. Kommen wir zum Protomolekül. Plausibel? Fragt mich das in 1.000 Jahren noch mal. Bis dahin dürfte deutlich besser klar sein, was möglich ist und was nicht. (;-> Jetzt noch ein paar Sätze zu Raumschiffen, Antrieben, Flugmanöver: Bei den Raumschiffen könnte man sich vorstellen, dass das Design des 23. Jahrhunderts ein wenig stilistischer ist. Ansonsten sind sowohl die Fusionstriebwerke als auch die dargestellten Flugmanöver das Realistischste, was bisher bei Space Operas zu sehen war. Alles in allem ist The Expanse die plausibelste Space Science Fiction, die bisher (Stand: 2021) für‘s TV verwirklicht wurde.
Rezensionen Rezensionen können einerseits eine Hilfe sein, bei der Entscheidung, ob man ein Buch kauft oder einen Film ansieht, und andererseits eine Beurteilung der Logik und Plausibilität einer Geschichte. Eine Rezension sollte niemals ein populistischer Verriss sein. Also so etwas, wie: „Boah eh, schlechter geht‘s ja kaum.“ ist weder als Rezension noch als Kritik, im Sinne einer hilfreichen, aussagekräftigen Formulierung, zu verstehen.
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